Montag, 22. August 2011

Digitale Homöopathie

Im Rahmen einer Diskussion auf Google+ fühlte ich mich genötigt, spontan die folgende digitale Fortführung eines überkommenen Princip (sic!) des alten Dr. Hahnemann zu entwickeln:

REKLAME

Ich biete homöopathische Antivirensoftware:

Man nehme ein Computervirenbinary, mische ihn mit der hundertfachen Menge Bytes aus /dev/random (oder /dev/zero, je nach Schule), mische gut durch, entnehme randomisiert 64 Bit, mische sie mit 800 Bytes aus /dev/random und wiederhole das ganze 256 Mal. Das Ergebnis (C256) schiebe man nach /dev/null.

Fertig.

Nur bei mir mit Zertifikat.

Das beschriebene Grundrezept kann so funktionieren, allerdings sind einige Verfeinerungen möglich.

Hahnemanns Grundidee bestand ja darin, zur Behandlung einer bestimmten Krankheit Substanzen zu finden, die bei einem Gesunden diejenigen Symptome hervorrufen, die der Kranke zeigt. Verdünnt man diese Substanz nun sehr stark und verabreicht sie dem Kranken, so gesundet dieser (similia similibus). Logisch, die Krankheit erschrickt sich und haut ab.

Was bedeutet dies nun für die digitale Homöopathie?
Nun, wenn ein Computer von einem Virus befallen ist, zeigt er bestimmte Symptome, beispielsweise werden plötzlich Dateien auf der Festplatte gelöscht. Also suchen wir nun ein Programm, das ähnliche Symptome hervorruft, auf unixoiden Systemen z.B. »rm -rf /«.
Nun müssen wir verdünnen. Bei Hahnemann ist das ein mechanischer Vorgang, d.h. die molekularen Grundbestandteile der Substanz werden mit einem Verdünnungsmittel vermengt, wobei bestimmte magische Rituale einzuhalten sind, die sich gegebenenfalls je nach homöopathischer Schule unterscheiden.

Die Grundbestandteile eines Computerprogramms sind Bits. Also entnehmen wir einen Tropfen (d.h. 64 Bit) aus unserem rm-Binary und vermengen sie mit der neunundneunzigfachen Menge (6336 Bit = 792 Byte) eines Lösungsmittels, das aus einer neutralen Quelle (z.B. /dev/zero oder /dev/random) gewonnen wird. Hierzu reicht es nicht aus, die 64 Bit zu verdünnen, vielmehr muß eine Potenzierung der Wirkung stattfinden, indem die vorliegenden 6400 Bit mittels eines speziellen mir bekannten Shuffle-Algorithmus verschüttelt werden. Ergebnis dieses Vorgangs ist die Lösung C1. Allerdings ist diese bei weitem noch nicht hinreichend verdünnt und daher noch viel zu schwach.
Wir entnehmen nun also aus C1 wiederum einen Tropfen (64 Bit), potenzieren abermals mit 6336 Bit Lösungsmittel und erhalten C2.

Rekursive Anwendung führt schließlich zu den wirksamen Potenzen C128, C256 und C512. Die Nutzung von C1024 sollte Großrechenanlagen vorbehalten bleiben.

  • Nutzt man wie in obiger Reklame einen Virus als Basis (Desensibilisierung), so wird 1:100 gemischt, bei similia similibus hingegen 1:99.
  • Die Algorithmen zur Selektion der 64 Bit (des Tropfens) sowie zur Potenzierung sind rechnerspezifisch zu wählen.
  • Die Wahl des Lösungsmittels hingegen erfolgt abhängig von Mondphase und Virenart unter Hinzuziehung des diskordianischen Kalenders.
  • Die erforderliche Potenz ist abhängig von Bildschirmdiagonale, Core-Anzahl, Taktfrequenz und Netzwerkanschluß, nicht jedoch von Speichergröße und Auflösung.
  • Soll ich das wirklich programmieren? Eine Webseite aufsetzen? ...?

Zur klassischen Homöopathie siehe
Allerdings sollte man auch nicht vergessen, zu welcher Zeit Hahnemann sein Princip entwickelt hat, und was der damalige Stand der medizinischen Wissenschaften war.
Ein großer Verdienst von Hahnemann war neben dem aus heutiger Sicht unzureichenden Versuch, der Empirie einen größeren Stellenweit einzuräumen vor allem sein Widerstand gegen den Einsatz von Aderlaß, Abführmitteln und Trinkverbot. Dies sowie seine Empfehlung einer antiseptischen Therapie erhöhte während der damaligen Choleraepidemie die Überlebenschancen der Kranken nicht unwesentlich.

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